Ball fliegen und rollen lassen
"Golf kann jeder spielen" - In fünf Urlaubstagen zur Platzreife, Juni
An der Theke des Tennisclubs hört man immer häufiger das Wort Golf. Ein paar alte Kameraden sind schon ganz abgewandert. Nur die ewige Nummer 1 beharrt darauf, sich mit Golf erst zu beschäftigen, wenn Tennis gar nicht mehr geht. Aber vielleicht hat auch er es ja auch bereits heimlich probiert. Wir haben es jedenfalls schon mal versucht, allerdings vergeblich. Der ansonsten sehr nette Golflehrer bestand auf einer einzig und allein erlaubten Griffhaltung. Und genau die ließ am nach einem komplizierten Bruch mit Titan verstärkten linken Arm nach wenigen Abschlag-Versuchen die Finger steif werden. Mit so einem körperlichen Handicap kommt man also nie zum unerlässlichen Golfer-Handicap, dachten wir. Aber dann hörten wir von den auf solche Fälle spezialisierten Experten der Golfakademie der Universität Paderborn: Ob neue Hüften, empfindlicher Rücken oder sonstige Probleme: "Jeder kann Golf spielen" - unter richtiger Anleitung. Schließlich stolperten wir über ein Angebot, in fünf Urlaubstagen die Platzreife zu erwerben. Das ist die Zulassung, überhaupt auf richtigen Golfplätzen spielen zu dürfen. Also dann, der letzte Versuch! Die Anlage Zollmühle in der Fränkischen Seenlandschaft liegt mit ihren sanften Hügeln in einer Umgebung, in der man Mühe hat, Golf nicht auf Anhieb herrlich zu finden. Und das erste Treffen mit Golflehrer Dieter Lang macht Mut. Er kennt die Zielsetzug der Paderborner Golfakademie und arbeitet in ähnlicher Mission mit der TU München zusammen. Auch Behinderten versucht er mit viel Geduld Golf beizubringen. Und die Sache mit dem linken Arm? "Wo steht denn geschrieben, dass man den Schläger nicht auch anders halten darf?", lautet die Antwort. Der in den USA, wo Golf wirklich lockerer Volkssport ist, ausgebildete ehemalige Tennislehrer hat den deutschen Ableger der World Golf Teachers Federation gegründet, bildet heute auch international Golflehrer aus. Er versuche, "eine andere Schiene des Unterrichtens" zu gehen, um Golf spielerisch auf die leichte Art zu vermitteln. Seine Philosophie des "Mach doch mal was anders" deckt sich wohl nicht immer mit jener mancher traditioneller Kollegen. "Sie bekommen keinen Muskelkater, sonst habe ich was falsch gemacht", verspricht Lang. Golf spiele man mit der Seele, nicht mit dem Muskel. Er macht mit den Anfängern von Beginn an kleine Spielchen: Abschlagen, pitchen, putten. Eigenerfahrung sei das Wichtigste, das Dosieren, das Gefühl für den kleinen Ball, das Aufbauen der Motivation. "Was hat es für einen Sinn, den Ball 200 Meter weit zu schlagen und ihn dann nicht mehr zu finden? 50 bis 80 Meter genügen erst einmal. Also nicht draufhauen wie ein Schmied!". Der Anfänger mit dem lädierten Arm jedenfalls ist froh, nicht gleich endlos mechanisch Abschläge üben zu müssen. Zwei Bedingungen seien letztlich zu erfüllen: "Den Ball fliegen lassen und den Ball rollen lassen". Das ist natürlich gar nicht so einfach. Aber man kann es nach dem Unterricht auf dem Neun-Loch-Kurzplatz ausführlich üben, den jeder ohne Platzreife benutzen darf. Und irgendwann bringt man verwundert die Bälle halbwegs manierlich mit Fliegen und Rollen aufs Grün und ins Loch. Der Platzreifekurs umfasst 25 Einheiten zu je 25 Minuten. Regelkunde und Etikette mitsamt Theorie-Prüfung gehören dazu. Dabei geht es nicht darum, ob man auf dem Fairway eine karierte Hose tragen muss, sondern um das Verhalten auf dem Platz, Rücksichtnahme auf andere Spieler. Und man muss wissen, was zum Beispiel passiert, wenn man den Ball in den Wassergraben schlägt, wie man sich an Hindernisen und Hemmnissen verhält. Wer zum ersten Mal auf einer 18-Loch-Anlage steht, kommt sich ohne solche Regelkenntnisse reichlich verloren vor. Ein richtiger Golfer ist man am Ende trotz DGV-Platzreife-Urkunde natürlich nicht. Aber der Bann ist gebrochen. Verschmitzt wie ein kleiner Junge sitzt man abends auf der Hotelterrasse am Brombachsee im Fränkischen Seenland. Der Ehrgeiz ist da, demnächst so gut zu werden wie jene eindrucksvoll abschlagende Dame, die Lang als seine ehemalige Schülerin vorstellt. Sie ist 75 Jahre alt, hat vor zehn Jahren angefangen und vorher nie Sport getrieben. Da wird´s ein nicht mehr ganz junger Tennisspieler ja wohl auch noch schaffen. Der Spezialveranstalter Golf und fun bietet auf elf Anlagen in Deutschland, Österreich, Italien und Spanien Platzreifekurse an. Fünf Tage z. B. auf der Golfanlage Zollmühle bei Ellingen mit sechs Übernachtungen inklusive Halbpension im Strandhotel Seehof kosten 869 Euro (www.golfundfun.de, mail@golfundfun.de).Info