Auf Schmusekurs mit Eisen 7
Hamburger Abendblatt, Mai
Ziemlich widerspenstig, dieses Eisen 7! So schwierig kann es doch nicht wirklich sein, den Golfball exakt zu treffen. Im Fernsehen sieht das immer so simpel und unanstrengend aus, wenn Tiger Woods, Bernhard Langer und Co. zum Schwung ausholen und den kleinen weißen Ball auf eine exakte Flugbahn schicken. Davon sind wir noch Lichtjahre entfernt. Wir, das sind fünf Platzreifespieler aus allen Ecken der Republik, die sich in der Trend-Sportart Golf versuchen wollen.
Doch bevor man uns auf die gepflegten Grüns dieser Welt loslässt, gilt es ein erstes Hindernis zu überwinden. Platzerlaubnis heißt das im Sprachgebrauch der Golfer, bedeutet -je nach Talent- über Wochen oder Monate hinweg mehr oder weniger Trainerstunden mit anschließender Prüfung. Und ist so etwas wie die Grundvoraussetzung, um diesen Sport ganz offiziell ausüben zu dürfen.
Für Leute mit wenig Freizeit und dicht gedrängtem Terminkalender kann das problematisch sein. Da lag der Gedanke nahe, den Platzreifekurs in einer Golfreise zu integrieren. In nur einer Woche zur Platzreife, das verspricht beispielsweise der Reiseveranstalter Golf und fun. Wir haben es ausprobiert. Bad Gögging, ein bayerischer Kurort an der Donau, eingerahmt von den malerischen Hügeln der Hallertau. Wo von mehr als 2000 Jahren die Römer bereits die Heilkraft der Thermalquellen entdeckten, haben sich an diesen Montagmorgen fünf Platzreifespieler auf dem kleinen 9-Loch-Platz eingefunden. Bis zum ersehnten ersten Ballkontakt dauert es allerdings noch eine gute halbe Stunde. Nach einer theoretischen Einführung in die für uns neue Sportart stehen zunächst einmal Streching und Gymnastik auf der Tagesordnung. Erste Lektion: Niemals unaufgewärmt auf den Platz gehen.
Das Eisen 7 soll in dieser Woche mein ständiger Begleiter werden. Aber bevor ich zum ersten Mal ausholen darf, noch einige praktische Anweisung: richtige Schlägerhaltung, locker in den Knien stehen, die Arme gestreckt, ausholen, dann ohne viel Kraftaufwand durchschwingen- und dann auch noch den Ball treffen. Golflehrer Bernhard Wargel ist gottlob die Ruhe in Person.
Das muss wohl eine Grundvoraussetzung für diesen Beruf sein. Denn was er in der nächsten Stunde an Bewegungsabläufen seiner Platzreifeschüler zu sehen bekommt, ist fast schon Comedy-reif. Gebetsmühlenartig wiederholt er seine Anweisungen: Beim Ausholen etwa 80 Prozent des Körpergewichtes auf das rechte Bein verlagern, locker durchschwingen und gleichzeitig Hüfte nach links drehen, das linke Bein stabilisiert jetzt den Körper, Klingt logisch und wirkt geradezu mühelos, wenn der Profi es seinem ehrfürchtig dreinblickenden Quintett vorführt.
Die Anfängerpraxis der ersten Stunde sieht allerdings anders aus. Ausholen- kein Problem. Aber beim Durchschwingen passiert es: Hüfte nicht gedreht, dafür Eisen 7 mit geballter Armmuskelkraft nach unten gerissen. Resultat: Statt des Balles fliegen die Grassoden, die weiße Kugel hoppelt schräg nach rechts und bleibt einige Meter weiter liegen. Und zu allen Überfluss quaken die Frösche aus dem nahen Wasserhindernis ihren plärrenden Kommentar zu dieser verunglückten Aktion. Aber immerhin den Ball noch getroffen.
Einer der Mitspieler lässt zwar den Schläger gleichmäßig durchschwingen, verpasst den Ball in der Höhe allerdings um Millimeter und sorgt nur für einen kurzen Zischlaut und eine elegante halbe Körperdrehung ins Nichts. Jetzt bloß keine Panik, bis zum Kursus-Ende am Freitag sind es schließlich noch gute viereinhalb Tage. Erste Schweißperlen auf der Stirn -und immer die gleichen Anweisungen im Ohr: Locker in den Schultern sein, Hüfte drehen und nur auf den Ball blicken. Plötzlich stellen sich auch erste Erfolge ein.
Den Ball richtig getroffen und deutlich über die 100 Meter-Marke katapultiert. Welch ein Glücksgefühl. Ist das etwa schon der sportliche Durchbruch ? Sollte Golf doch so einfach sein ? Ist nach langer Suche endlich ein legitimer Nachfolger von Bernhard Langer in Sicht ? Von wegen. In den nächsten Stunden wechseln sich Phasen von Demut, Begeisterung und Niedergeschlagenheit ab.
Dann helfen aufmunternde Worte des Golflehrers: Gar nicht schlecht, das wird schon. Während die Damen des Platzreifekurses an ihrer Körpermotorik feilen, sind die Herren bemüht ihren Krafteinsatz besser zu dosieren. Eisen 7 verliert allmählich seinen Schrecken, dafür warten Holz 3 neue Herausforderungen, und im Sandhindernis sind wieder ganz andere Qualitäten gefragt. Mit der Zeit erweitert sich neben der Schlägervielfalt auch unser Wortschatz. Putter, Birdie, Pitch, Score, Divot.
Neben der Praxis wird den Platzreifeschüler eine Menge Theorie eingehaucht, Etikette auf dem Platz und Regelkunde gehören schließlich auch dazu, sind ebenfalls teil zur Platzreifeprüfung. Die findet am fünften Tag auf dem Golfplatz Hallertau statt. In – für norddeutsche Verhältnisse- recht bergiger Kulisse müssen wir das in einer Woche gelernte demonstrieren. Holz 3, Eisen 7 und Co. lassen mich an diesem Tag nicht im Stich . vermutlich werden wir eine Verbindung fürs Leben eingehen. Denn die Platzreife habe ich jetzt.
Autor: Bernd Masuhr